Aufsteigerland Niedersachsen: Modernisierungsagenda für eine starke Wirtschaft
Der Landesparteitag hat beschlossen:
Die Wirtschaft in Niedersachsen stagniert. Laut einer aktuellen Standortstudie
des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hat Niedersachsen ein erhebliches
Wachstumsproblem und hinkt dem Bundestrend deutlich hinterher. Während
Niedersachsen im Zeitraum von 2016 bis 2023 ein Nullwachstum zu verzeichnen
hatte, stieg das BIP je Einwohner pro Jahr in den übrigen westdeutschen
Flächenländern 0,3 Prozent und in Deutschland um 0,4 Prozent.
Laut dem Niedersachsen-Monitor des Instituts für Demoskopie Allensbach (12/2024)
wächst auch der Konjunkturpessismus in Niedersachsen: 54 Prozent der
Niedersachsen gehen davon aus, dass die wirtschaftliche Entwicklung bergab geht
(Vgl. 2023: 36 Prozent). Wirtschaft ist zur Hälfte auch Psychologie, daher
brauchen wir eine Trendwende in der Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik in
Niedersachsen gepaart mit einem "Boomfaktor Optimismus" und Zutrauen in unseren
Wirtschaftsstandort.
Im bundesweiten Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte muss Niedersachsen mit
pragmatischen Rahmenbedingungen punkten, wenn es vorne mitmischen will.
Regulierung, Verwaltung und öffentliche Leistungserbringung dürfen nicht länger
als negativer Standortfaktor wahrgenommen werden. Es braucht Maßnahmen, die die
Grundlage für einen dynamischen und zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort legen,
der Niedersachsen wieder zum Aufsteigerland befähigt. Die FDP Niedersachsen
mahnt ferner im Bund Maßnahmen an, die die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen
Volkswirtschaft maßgeblich verbessern. Hierzu zählt eine Begrenzung der
Sozialversicherungsbeiträge auf 40 % und eine spürbare Senkung der
Körperschaftssteuer um mindestens 2,5 Prozentpunkte. Überdies darf es keine
Eingriffe in die grundgesetzlich garantierte Tarifautonomie durch politische
Vorgaben für die Mindestlohnkommission geben.
Starker Standort 2030 – „Sie kennen unsere Pferde. Erleben Sie unsere Stärken
2.0.”: Die Landesregierung sollte die strategischen Standortvorteile, die
Niedersachsen heute zu bieten hat, mit einer Standortagenda („Starker Standort
2030“) vorantreiben und mit einer identitätsstiftenden Imagekampagne flankieren.
Mit dem klaren Fokus auf Anwerbung ansiedlungswilliger Unternehmen und
Fachkräfte. Niedersachsen sollte offensiv von sich reden machen. Es sollte
Niedersachsens selbstbewusster Anspruch sein, eine Standortkampagne gemeinsam
mit der Wirtschaft zu initiieren, die Alleinstellungsmerkmale Niedersachsens
positiv hervorhebt.
Der neu eingerichteten Stabstelle „Transformation der Wirtschaft“ im
niedersächsischen Wirtschaftsministerium und den drei gegliederten Referaten
gelingt es bisher nicht substanziell Entlastungsmaßnahmen und
Investitionsanreize für die niedersächsische Wirtschaft herbeizuführen, die
messbar auf eine positive wirtschaftliche Entwicklung einzahlen. Die Stabstelle
“Transformation der Wirtschaft” sollte in “Wirtschaftswachstum Niedersachsen”
umbenannt werden und mit Blick auf die drei Referate schwerpunktmäßig auf
Unternehmens- und Fachkräfteansiedlung und Wirtschaftswachstum ausgerichtet
werden. Es sollte ein “Ansiedlungskommissar” installiert werden, der als
Botschafter für Unternehmensansiedlungen fungiert und den Rang eines
Staatssekretärs innehat. Es darf sich nicht wiederholen, dass eine
niedersächsische Regierung die Gesuche einer systemisch relevanten
Unternehmensansiedlung, wie im gescheiterten Fall von Tesla 2018, nur
zurückhaltend begleitet, sondern im Gegenteil, es muss seitens der
Landesregierung strategisch um Standortvorteile geworben werden.
Vor dem Hintergrund einer in der Nachkriegszeit noch nie da gewesenen Bedeutung
der Verteidigungsindustrie und Sicherheitsarchitektur in Deutschland/EU, sollte
Niedersachsen in seiner subsidiären Verantwortung im Rahmen von
landespolitischen Möglichkeiten für die in Niedersachsen ansässige
Rüstungsindustrie Innovations- und Technologieförderungen (F & E-Förderung) für
dual-use- Technologien (militärische Innovationen mit zivilem Nutzen: z.B.
Drohnentechnologie, Cybersicherheit, KI etc.) auf den Weg bringen. Die Förderung
von Start-ups und KMU, die als Zulieferer für in Niedersachsen ansässige
Rüstungsunternehmen tätig sind, sollte dabei ein zentrales Element sein. Auch
eine Fachkräfteoffensive für die Verteidigungs- und sicherheitsarchitektur
sollte implementiert werden, z.B. durch spezielle Ausbildungsprogramme und
Umschulungsangebote für Fachkräfte aus anderen Industrien, aber auch
betrieblicher Weiterbildung in der Verteidigungsindustrie.
Die Sicherheits- und Verteidigungsmesse DSEI Germany (Defence & Security
Equipment International Germany) am Messestandort Hannover sollte nicht nur
finanziell seitens der Landesregierung unterstützt werden, sondern auch über
gezielte Investorenansprache gestärkt werden (Projektverantwortung: Stabstelle
Wirtschaftswachstum Niedersachsen, Ansiedlungskommissar).
Der Beteiligungsfonds Niedersachsen und der Beteiligungsfonds NTransformation
müssen der erhöhten Nachfrage nach Beteiligungskapital gerecht werden und
ausgeweitet werden. Dieses bundesweit einzigartige Public-Private-Partnership-
Modell, in dem Staat (NBank Capital) und Wirtschaftsvertreter (Norddeutsche
Wirtschaftsholding) niedersächsischen Unternehmen Mezzanine-Kapital
bereitstellen, ist ein probates Instrument, um ohne neue Schulden und
Sondervermögen Investitionshebel zu ermöglichen. Zusätzlich würde das
Eigenkapital und die damit verbundene Kreditwürdigkeit niedersächsischer
Unternehmen gestärkt. Auch hier ist das Instrument bereits etabliert und kann
durch Mittel adäquat aufgestockt werden.
Darüber hinaus sollte ein Start-up-Beteiligungsfonds gemeinsam mit der
Wirtschaft (PPP) konzipiert werden, der Start-ups in Anlehnung an die o.g.
Fonds-Modelle Mezzanine-Kapital bereitstellt und durch zusätzliche
Risikoinstrumente (Bürgschaften) landesseitig abgesichert wird. Wir müssen die
New Economy Generation im Beteiligungsfonds mitdenken.
Starke Investoren und Innovationen: Universitäten und Hochschulen als
Beschleuniger von Innovationen und Start-ups: Die Unterstützung des Landes
Niedersachsen trägt derzeit nicht verlässlich zu einer Planbarkeit für Start-ups
und junge innovative Unternehmen bei, da sie jedes Jahr neu über den Haushalt
verhandelt wird. Im In- wie im Ausland wird die Initiative der Technischen
Universität München „TUM-Entrepreneurship“ mit ihrer Unterstützung für
Studentinnen und Studenten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bei
der Gründung von eigenen Unternehmen gelobt. Zukunftsweisende Ideen und
modernste Technologien finden so ihren Weg von der Wissenschaft in die
praktizierende Wirtschaft. Zudem ziehen die Münchner Exzellenzuniversitäten
Studenten aus aller Welt an. Wir fordern die Landesregierung auf, die
niedersächsischen Universitätsstandorte noch stärker darauf auszurichten, dass
aus Innovationen Unternehmungen werden. So halten wir nicht nur kluge Ideen und
Köpfe, sondern langfristig auch die daraus entstehenden Unternehmen und die
Wertschöpfung bei uns im Land. Die Wissenschaftsfreiheit wird durch die neue
Trump-Administration massiv bedroht, indem Forschungszuschüsse gekürzt und
Forschungsergebnisse einer politischen Beeinflussung unterworfen werden. Die
angekündigten radikalen Kürzungen betreffen alle Fachgebiete und Förderer wie
etwa die National Science Foundation oder die Nationalen Gesundheitsinstitute.
Dieser Kahlschlag führt zu einem Abbruch von Studien weltweiter Tragweite, etwa
in der Medikamenten- oder Klimaforschung. Das Land Niedersachsen sollte -etwaig
in Zusammenarbeit mit der Volkswagen-Stiftung- ein Sonderprogramm auflegen, das
zum einen exponierten amerikanischen Wissenschaftlern eine Perspektive in
Niedersachsen gibt und zum anderen die Fortsetzung ihrer Forschungsvorhaben
ermöglicht, um jahrelange Fortschritte in der Medizin und anderen
Forschungsbereichen zu erhalten.
Automotive: Niedersachsen ist Autoland Nummer Eins: Die Landesregierung sollte
einen VW-Lieferantenbeirat mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und
Politik initiieren, damit auch Wissenschaft und mittelständische VW-Zulieferer
Einfluss auf strategische Entscheidungsaufbereitungen ausüben können und eine
Partnerschaft auf Augenhöhe herbeigeführt wird.
Energie-Standortbedingungen: Bezahlbare Energie sicherstellen: Trotz aller
Anstrengungen sind die Energiepreise im Land noch immer höher als vor der
Pandemie und im Vergleich zu unseren europäischen Partnern. Zur Sicherstellung
bezahlbarer Energie bedarf es weiterer Bausteine. Ein marktbasierter Mechanismus
ist der sog. Eigenstrom- PPA (Power Purchase Agreement). Mit diesem sollten
Industriebetriebe einen Direktliefervertrag mit einem EE-Betreiber abschließen
können, bei dem der Strombezug wie selbst erzeugter und verbrauchter Strom
behandelt wird. Daneben braucht es auch die vereinfachte Umsetzung sog.
Direktleitungen. Stromleitungen, die direkt von einem Produzenten zu einem
Verbraucher führen und diesem auch gehören. Dadurch entfallen die gängigen
zusätzlichen Preisbestandteile (bspw. Netzentgelte und netzseitige Umlagen).
Dies befördert die Reduzierung industrieller Strompreise sowie den Ausbau der
Erneuerbaren Energien massiv. Es sollte geprüft werden, ob die Potenziale der
grundlastfähigen Schiefergasförderung in einen ausgewogenen Energiemix
integriert werden können. Auch Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme aus
Biogas und Biomethan brauchen eine Perspektive für einen systemdienlichen
Weiterbetrieb und müssen weiterhin ein Baustein einer zukunftsfähigen und
innovativen Wärmeversorgung sein.
„Wind meets Water“: Niedersachsen ist Deutschlands Zentrum für grünen
Wasserstoff und spielt auch eine Schlüsselrolle bei der Produktion von blauem
und türkisem Wasserstoff. Wir wollen den Ausbau von Offshore-Windkraftanlagen
konsequent vorantreiben und deren Potenzial nutzen. Niedersachsen bietet als
Küstenland ideale Voraussetzungen: starke Offshore-Windkapazitäten, bestehende
Hafeninfrastrukturen und ein leistungsfähiges Netzwerk von Industriepartnern und
Forschungseinrichtungen. Mit dem Ausbau von Windkraftanlagen auf See und der
Errichtung von Wasserstoff-Hubs entlang der Küste schaffen wir die Grundlage für
eine klimafreundliche und wettbewerbsfähige Energieversorgung.
Unser Ziel ist es, grünen Wasserstoff nicht nur für den heimischen Bedarf
bereitzustellen, sondern auch als Exportschlager in die europäischen
Nachbarländer zu etablieren. Gleichzeitig wird Wasserstoff ein zentraler
Baustein, um die Industrie zu dekarbonisieren, klimafreundliche
Mobilitätskonzepte voranzutreiben und die Abhängigkeit von fossilen
Energieträgern zu verringern. „Wind meets Water“ steht für Innovation,
Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Stärke. Mit dieser Initiative positionieren
wir Niedersachsen als Spitzenreiter der Energiewende und als Vorbild für eine
klimaneutrale Zukunft.
Pilotprojekt „Autonome Mobilität Niedersachsen“: Zukunftsfähige Mobilität im
ländlichen Raum: Wir starten das Pilotprojekt „Autonome Mobilität
Niedersachsen“, um innovative Verkehrslösungen in die Fläche zu bringen. In
ausgewählten ländlichen Gemeinden wollen wir autonome Shuttles und On-Demand-
Busse einführen. Autonome Shuttles und bedarfsgesteuerte Busse sollen
insbesondere die Mobilität für ältere Menschen, Jugendliche und Berufspendler
verbessern, wo herkömmlicher Nahverkehr oft an seine Grenzen stößt. Gleichzeitig
stärken wir mit dem Projekt Niedersachsen als Vorreiterregion für die Mobilität
von morgen. Durch die enge Zusammenarbeit mit lokalen Partnern,
Verkehrsunternehmen und Technologiefirmen schaffen wir Synergien, die nicht nur
die Mobilität, sondern auch den Wirtschaftsstandort Niedersachsen langfristig
stärken. Dieses Pilotprojekt soll die Grundlage dafür legen, wie innovative
Mobilität flächendeckend umgesetzt werden kann.
Staatsbeteiligungen reduzieren, Erlöse in Infrastruktur investieren: Erst im
September 2024 hat sich das Land Niedersachsen über die Hannoversche
Beteiligungsgesellschaft mbH mit 200 Mio. Euro an der Meyer Werft beteiligt, um
deren Zukunft zu sichern. Öffentliche Beteiligungen sollten die Ausnahme bleiben
und auf das absolut Notwendige begrenzt werden. Ein Rückzug sollte erfolgen,
sobald das Bundes- bzw. Landesinteresse entfällt (§ 65 BHO). Der Staat ist nicht
der bessere Unternehmer. Staatliche Beteiligungen müssen daher perspektivisch
abgebaut werden. Erlöse sollten, wo möglich, der niedersächsischen Infrastruktur
zugutekommen. Sollten staatliche Beteiligungen unerlässlich sein, ist zwingend
darauf zu achten, dass entsprechende Aufsichtsgremien mit Personen besetzt sind,
die über fachliche Aus- und Weiterbildung verfügen.
Abbau ineffizienter Strukturen bei Landesgesellschaften: Um die Verwaltung
effizienter zu gestalten, ist eine umfassende Überprüfung der bestehenden
Landesgesellschaften notwendig. Ziel ist es, ihren Nutzen, Effizienz und die
Notwendigkeit ihrer Aufgaben regelmäßig zu bewerten und nicht notwendige
Gesellschaften aufzulösen oder zusammenzulegen. Abgeschafft werden sollten u.a.
aufgrund von immens personalaufwendigen Doppelstrukturen, fehlgeleiteter und
ineffizienter Landespolitik folgende landeseigene Gesellschaften: Digitalagentur
und Automotive-Agentur von der landeseigenen Gesellschaft Niedersachsen.next
GmbH (ehemals Innovationszentrum) und die im Umweltministerium angesiedelte
Niedersächsische Klimaschutz- und Energieagentur (KEAN). Gleiches gilt auch für
die Landeswohnungsgesellschaft (Wohnraum Niedersachsen GmbH), die mit einem
Startkapital in Höhe von 100 Mio. Euro ausgestattet ist.
Straffung der Beauftragten-Posten: Die Positionen der Landesbeauftragten müssen
kritisch hinterfragt werden. Wo auf Bundesebene bereits Beauftragte für
bestimmte Themenbereiche existieren, sind parallele Landesbeauftragten-Posten zu
vermeiden, um Doppelstrukturen zu verhindern und Ressourcen gezielt einzusetzen.
„Innovationszonen Niedersachsen“: Wachstum entfesseln, Ideen fördern: Wir wollen
Niedersachsen zur führenden Innovationsregion machen und fordern die Einrichtung
von Innovationszonen – wirtschaftliche Freiräume, die gezielt
Unternehmensgründungen, Hightech- Entwicklungen und Investitionen anziehen. In
diesen Zonen schaffen wir besondere Anreize wie steuerliche Erleichterungen,
reduzierte Bürokratie und maßgeschneiderte Förderprogramme. Unternehmen und
Start-ups profitieren von einer Infrastruktur, die den Fokus auf Fortschritt und
Wettbewerb legt – mit Niedersachsen als modernem Knotenpunkt für bahnbrechende
Technologien.
Bürokratieabbau & Verwaltungsreform
Bürger, Wirtschaft und Verwaltung ächzen unter der zunehmenden Bürokratielast,
die laut Normenkontrollrat bundesweit auf ein Rekordhoch von über 26 Mrd. Euro
angewachsen ist. Für nachhaltige Entlastung müssen wir
Entbürokratisierungsmaßnahmen entschlossen vorantreiben.
Verbindliche Festschreibung und Kompetenzerweiterung der Clearingstelle
Niedersachen in der Gemeinsamen Geschäftsordnung des Landes (GGO,NI): Die
Landesregierung wird aufgefordert die Clearingstelle Niedersachsen als
unabhängige und weisungsfreie Stelle gesetzlich zu verankern und ihre
institutionelle Einbindung in der GGO, NI verbindlich festzuschreiben. Die
Clearingstelle des Landes soll künftig auch bestehende Regularien sowie
Berichtspflichten daraufhin prüfen, welche Auswirkungen sie auf kleine und
mittelständische Unternehmen (KMU) haben und ggf. praxistaugliche Alternativen
aufzeigen. Dazu bedarf es einer Kompetenzerweiterung, die neben dem
Wirtschaftsministerium auch die anderen Ministerien aktiv in den Bürokratieabbau
und die Arbeit der Clearingstelle einbindet, und sicherstellt, dass ihre
Prüfungen verbindlich in den Gesetzgebungsprozess einfließen. Diese Erweiterung
kann nur durch eine klare Verankerung in der GGO, NI erfolgen. Alles andere
bleibt unverbindlich und lediglich Beiwerk. Denn nur so wird sichergestellt,
dass alle Ressorts den Bürokratieauswuchs ernst nehmen und ihrer Verpflichtung
zur Reduzierung bürokratischer Hürden nachkommen.
Belastungsmoratorium einführen: Das im Herbst 2022 auf Bundesebene vereinbarte
Belastungsmoratorium muss konsequent umgesetzt werden und braucht ein
niedersächsisches Pendant. Ziel muss eine spürbare Reduzierung bürokratischer
Lasten für Bürger und Unternehmen sein – gesetzlich festgeschrieben und mit
klaren Abbauplänen überflüssiger Vorschriften. Auch bestehende Dokumentations-
und Berichtspflichten sind kritisch zu prüfen. Bundesweite Unterstützung ist
notwendig, um zusätzliche Belastungen durch neue Bundesvorgaben zu vermeiden.
Bürokratiebremse im Bundesrat weiterentwickeln: Die seit 2015 geltende „One in,
one out“-Regel umfasst bisher nicht die Umsetzung von EU-Vorhaben – dabei kommt
ein Großteil der Regulierung aus Brüssel. Für Bürger und Unternehmen spielt es
jedoch keine Rolle, ob der Erfüllungsaufwand aus nationalen Gesetzen oder EU-
Recht entsteht. Um die tatsächliche Regulierungslast realistischer abzubilden,
sollten auch EU- Regelungen einbezogen werden. Die Landesregierung sollte sich
daher gemeinsam mit anderen Bundesländern für eine entsprechende Fortentwicklung
der „One in, one out“-Regel im Bundesrat einsetzen.
Datenschutzrecht verbessern: Datenschutz ist überwiegend Ländersache. Das
schafft Rechtsunsicherheiten und zusätzlichen bürokratischen Aufwand für
niedersächsische Unternehmen, die bundesweit tätig sind. Mit einer bundesweiten
Vereinheitlichung des Datenschutzrechts über die Datenschutzkonferenz (DSK)
sollte dem vorgebeugt werden. Eine gemeinsame Geschäftsstelle innerhalb der DSK
könnte zur Harmonisierung beitragen.
Effiziente Personalplanung und Kostenkontrolle in der Verwaltung
Seit Jahren steigen die Stellenzahlen und Ausgaben in der niedersächsischen
Verwaltung deutlich, ohne nachvollziehbare Bedarfsplanung. Zwischen 2010 und
2019 erhöhten sich die Personalkosten um 50 %, während die Zahl der
Beschäftigten 2022 mit 547.285 einen neuen Höchststand erreichte. Der Zuwachs
konzentriert sich dabei vor allem auf den Verwaltungsbereich, nicht in den
dringend benötigten Bereichen Bildung und innere Sicherheit. Wir fordern die
Landesregierung auf, eine gezielte Personalplanung umzusetzen, durch
Digitalisierung Potenziale zur Effizienzsteigerung zu nutzen und notwendige
Verwaltungsreformen einzuleiten.
Erstellung eines jährlichen Personalbedarfsplans mit Bedarfsanalyse: Die
Landesregierung wird aufgefordert, dem Parlament jährlich einen umfassenden
Personalbedarfsplan vorzulegen. Dieser muss eine detaillierte
Personalbedarfsanalyse beinhalten, um festzustellen, in welchen Bereichen Über-
oder Unterbesetzungen bestehen. Ziel ist es, unnötigen Personalaufbau zu
verhindern und den Einsatz von Landesmitteln für Stellen in wirklich dringenden
Bereichen wie dem Bildungssystem oder der inneren Sicherheit sicherzustellen.
Transparenz im Landeshaushalt in Bezug auf Personalkosten: Der Landeshaushalt
muss die Entwicklung der Personalkosten klar und strukturiert ausweisen. Es muss
für das Parlament und die Öffentlichkeit nachvollziehbar sein, wie sich die
Personalkosten in den jeweiligen Verwaltungsbereichen entwickeln. Dies schafft
die notwendige Transparenz, um gezielt auf effizienten Personaleinsatz oder
unverhältnismäßige Kostensteigerungen reagieren zu können.
Prüfung von Dezentralisierung und Auslagerung von Verwaltungsaufgaben: Eine
Überprüfung aller Verwaltungsakte auf Landesebene muss vorgenommen werden, um
festzustellen, welche Aufgaben an die kommunale Ebene delegiert oder in den
privaten Sektor ausgelagert werden können. [Füge ein: Die kommunale Ebene ist
hierbei für den Mehraufwand in vollem Umfang zu entschädigen.] Dadurch können
Personalkosten auf Landesebene reduziert und die Verwaltung effizienter
gestaltet werden, ohne dass die Qualität der Dienstleistungen leidet. Darüber
hinaus ist eine umfassende Verwaltungsreform notwendig, um überflüssige
Strukturen abzubauen und die Effizienz der Verwaltung zu steigern.
Einführung eines Stellenabbauausgleichs bei Neueinstellungen: Niedersachsen soll
künftig dem Vorbild des Bundes folgen und einen Mechanismus zur pauschalen
Stellenkürzung bei Neueinstellung einführen. Dieser Mechanismus soll
sicherstellen, dass neue Stellen in priorisierten Bereichen an anderer Stelle
eingespart werden. Die betroffenen Ministerien haben dabei die Möglichkeit
flexibel und nach Bedarf zu entscheiden, welche bestehenden Stellen nicht neu
besetzt werden und somit entfallen, wenn an anderer Stelle neu eingestellt wird.
Jede Neueinstellung und der damit verbundene Stellenabbau müssen dabei in
Abstimmung mit dem Finanzministerium erfolgen, um sicherzustellen, dass die
Personalkosten neutral bleiben und langfristig gesenkt werden.
Die kommunalen Finanzen auf eine tragfähige Basis stellen. Grundsätzlich muss
kommunale Daseinsvorsorge auskömmlich finanziert werden. Lokale
Gestaltungsmöglichkeiten müssen erhalten bleiben und drohende Fremdverwaltungen
abgewendet werden. Die kommunalen Realsteuern müssen auf ein verträgliches Maß
für Gewerbe und Bevölkerung zurückgeführt werden. Ansonsten werden die Impulse
einer aktiven niedersächsischen Wirtschaftspolitik bereits auf kommunaler Ebene
ausgebremst.