Diskussionspapier zur Reform des Kommunalverfassungsgesetzes

Die rot-grüne Landesregierung hat am 17.09.2024 dem Landtag eine Reform des Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) vorgelegt (Drs. 19/5303).

Damit werden insbesondere in zwei Bereichen Veränderungen vorgenommen:

Längere Wahlzeit der Hauptverwaltungsbeamten

Die bisherige Wahlzeit von 5 Jahren wird auf 8 Jahre erhöht (§ 80 NKomVG). Damit setzt die Landesregierung eine Forderung der FDP um. Hierzu hat es bereits in den letzten 10 Jahren mehrere Anträge der damaligen FDP-Landtagsfraktion gegeben.

Die FDP Niedersachsen begrüßt, dass damit einerseits die Rahmenbedingungen für das Amt der Bürgermeister und Landräte attraktiver wird. Eine Amtszeit von 5 Jahren wird aus der Wirtschaft häufig als zu kurze berufliche Perspektive angesehen, sowohl um Projekte für die Zukunft der Kommune umzusetzen als auch für die eigene berufliche Entwicklung. Andererseits wird damit die Wahl des Hauptverwaltungsbeamten von der Wahl der Vertretungen entkoppelt. Diese Entkopplung kommt auch den ehrenamtlichen Kommunalpolitikern zugute, da die Wahlen der Ortsräte, Gemeinderäte, Stadträte, Samtgemeinderäte, Kreistage und der Regionsversammlung nicht mehr durch die Wahlen der Hauptverwaltungsbeamte überlagert werden. 

Experimentierklausel zur Konzernkreditaufnahme wird als reguläre Regelung aufgenommen

Mit der Gesetzesänderung Ende 2013 hat der Landtag mit § 181 NKomVG eine Experimentierklausel für Konzernkreditaufnahmen eingeführt. Das Ziel der Regel war, die zentrale Kreditaufnahme und Bewirtschaftung über den Kernhaushalt und die Weitergabe der Kredite an die kommunalen Tochterunternehmen zu ermöglichen und damit für eine Stärkung des Kernhaushalts einer Kommune gegenüber den kommunalen Unternehmen zu sorgen.

Dieses Instrument hat sich seit 2013 bewährt, sodass dieses Instrument in den §§ 121, 121 a, 122 a NKomVG dauerhaft bereitgestellt wird.

Die FDP Niedersachsen begrüßt diese Gesetzesänderung. Die Idee der ganzheitlichen Betrachtung einer Kommune mit ihren Tochterunternehmen wird dadurch unterstützt. Bereits jetzt müssen Kommunen einen konsolidierten Gesamtabschluss vorlegen, der diese Tochterunternehmen berücksichtigt. Ausgelagerte Bereiche der Kommune werden so insgesamt mit einbezogen. Die Möglichkeit, Kredite über die Kommune aufzunehmen und an das eigene kommunale Unternehmen weiterzugeben, bietet für die Kommunen die Möglichkeit attraktive Zinssätze zu erhalten. Zudem werden diese Schulden nicht ausgelagert, sondern im Kernhaushalt mit dargestellt.

Rot-Grüner Koalitionsvertrag nicht erfüllt

Mit der vorliegenden Reform des NKomVG setzt die Landesregierung zwei Anforderungen ihres Koalitionsvertrages nicht um:

Ausschusssitzvergabe: Nach der letzten Kommunalwahl wurde durch die damalige rot-schwarze Landesregierung in Kenntnis der Wahlergebnisse das Verfahren zur Vergabe der Sitze in den Fachausschüssen in den Räten verändert. Bis dahin galt das Verfahren Hare-Niemeyer, das entsprechend der Wahlergebnisse die Sitze prozentual vergibt. Seit November 2021 gilt das Verfahren d‘Hondt, welches im Höchstzahlverfahren die Sitze eher den größeren Fraktionen und Gruppen zuspricht. Damit wurde gerade die kleineren Parteien und Wählergemeinschaften benachteiligt und die demokratischen Partizipationsmöglichkeiten verkürzt. Die jetzige Landesregierung hat sich im Koalitionsvertrag auf das Verfahren Sainte-Laguë/Schepers verständigt – damit werden auch kleinere Parteien und Wählergemeinschaften besser berücksichtigt. Die Landesregierung setzt die eigene Einigung jedoch nicht um.

Die FDP Niedersachsen fordert die Landesregierung und den Niedersächsischen Landtag auf, für die Vergabe von Ausschusssitzen wieder das Verfahren nach Hare-Niemeyer einzuführen.

Kommunales Wahlrecht: Das Wahlrecht für Kommunalwahlen haben deutsche Staatsangehörige ab dem 16. Lebensjahr, sowie Staatsangehörige der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ab dem 16. Lebensjahr. Die rot-grüne Landesregierung hat sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass auch Drittstaatsangehörige das kommunale Wahlrecht erhalten sollen.

Für die FDP Niedersachsen geht dies jedoch zu weit. Wir Freien Demokraten wünschen uns, dass gut integrierte Drittstaatsangehörige die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben und auf diesem Wege das Wahlrecht erhalten.

Reformen gehen aus Sicht der FDP nicht weit genug

Bei der Amtszeit der Hauptverwaltungsbeamten ist der erste Schritt gemacht. Gleichzeitig wird die Altersgrenze nicht verändert. Die FDP Niedersachsen fordert den Landtag auf, die Altersbeschränkung für den Hauptverwaltungsbeamten abzuschaffen. Einerseits wird ein Mindestalter von 23 Jahren gefordert, gleichzeitig das Höchstalter auf 67 Jahre festgelegt. Beide Altersgrenzen diskriminieren volljährige Staatsangehörige. Aus Sicht der FDP sollte alleinig die Volljährigkeit vorausgesetzt werden. Wir vertrauen den Wählerinnen und Wählern bei ihrer Wahlentscheidung.

Gleichzeitig fordert die FDP Niedersachsen eine Herabsetzung des passiven Wahlalters für die Mitglieder der Vertretung – also der Räte, Kreistage und der Regionsversammlung – auf 16 Jahre. Bereits jetzt besteht mit dem Wahlrecht eine Möglichkeit der Stimmabgabe. Eine wirkliche parlamentarische Vertretung und Einbindung besteht für diese Altersgruppe jedoch nicht. Schon das kommunale Wahlrecht ab 16 zeigt, wie sich mehr politische Partizipationsmöglichkeiten mit politischer Bildung in der Schule kombinieren lassen. Das Wahlrecht ab 16 ist gelebte Generationengerechtigkeit. Wir begrüßen es, wenn junge Menschen sich aktiv vor Ort einbringen und an ihrem Heimatort einen Unterschied machen wollen. Die Entscheidung über Reife und Eignung sollte bei den Wählerinnen und Wählern sowie der aufstellenden Parteien liegen. Dadurch versprechen wir uns - insbesondere in ländlichen Regionen - junge Menschen mehr an die Heimat zu binden, denn wer mitgestaltet, bleibt vor Ort oder kommt wieder.