Für eine starke FDP in Deutschland und in Niedersachsen
Der Landesparteitag hat beschlossen:
Zum zweiten Mal in der Geschichte ist die FDP bei einer Bundestagswahl an der
Fünfprozenthürde gescheitert. Ausgerechnet in Zeiten großer politischer Umbrüche
und Herausforderungen fehlt damit eine liberale Stimme im Parlament. Die Freien
Demokraten in Niedersachsen wollen ihren Beitrag dazu leisten, dass die FDP das
Wahlergebnis gründlich aufarbeitet und dass eine gestärkte FDP bei der nächsten
Gelegenheit in den Deutschen Bundestag zurückkehren kann.
Bei der Aufarbeitung des Wahlergebnisses und bei der Vorbereitung auf die
kommenden Wahlen müssen folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden:
- Eine Aufarbeitung des Wahlergebnisses braucht Zeit und Sorgfalt. Sie muss
unter Berücksichtigung valider Daten zum Wählerverhalten und zur
Anhängerschaft der FDP durchgeführt werden. Sie muss die Frage
berücksichtigen, inwiefern die Kampagne zur Bundestagswahl 2025 zu den
bisher von der FDP in den Fokus genommenen Zielgruppen passte. Sie muss
sich aber auch kritisch mit der Frage auseinandersetzen, wie sich diese
Zielgruppen in den vergangenen Jahren verändert haben und ob die FDP diese
Veränderungen bei ihrer Kommunikation ausreichend berücksichtigt hat. Zudem
ist zu reflektieren, ob sich die Kommunikation und das Regierungshandeln
der FDP auf das Wählerpotenzial ausgewirkt haben. Ferner muss auch das
veränderte Kommunikations- und Medienkonsumverhalten der Wählerinnen und
Wähler selbst berücksichtigt werden, etwa die immer stärkere und
ausdifferenziertere Nutzung sozialer Medien.
- Die FDP hat ein bekanntes, strukturelles Problem bei der Erreichung von
weiblichen Wählern und die FDP hätte den Einzug in den Bundestag geschafft,
wenn uns genauso viele Frauen wie Männer gewählt hätten. Dies ist jedoch
nicht gelungen, obwohl viele Wählerinnen mit einem Kanzler-Kandidaten
Friedrich Merz gefremdelt haben. Diese Potentiale wurden nicht gehoben, da
in der Kommunikation und in der Programmatik nicht aktiv daran gearbeitet
wurde, Frauen von den Freien Demokraten zu überzeugen. Die Freien
Demokraten Niedersachsen setzen sich daher dafür ein, dass die
Lebensrealität von Frauen künftig in der Kommunikation und in der
Programmatik der Partei auf allen Ebenen mitgedacht und eingebracht wird.
Dies beginnt mit einer auf Gleichberechtigung setzenden Steuerpolitik, über
gendersensible Gesundheitspolitik und Stärkung der gleichberechtigten
Aufteilung von Sorgearbeit.
- Die weltweite Corona-Pandemie in den Jahren 2019 bis 2022 sowie die
Eskalation des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine seit dem 24.
Februar 2022 haben zu einem stärkeren Sicherheitsbedürfnis vieler
Bürgerinnen und Bürger geführt. Die Inflation und das fehlende
wirtschaftliche Wachstum der vergangenen Jahre haben die wirtschaftliche
Stimmung und den Zukunftsoptimismus der Menschen erheblich beeinträchtigt.
Hinzu kommen Sorgen der Bürgerinnen und Bürger angesichts der Inneren
Sicherheit, der Herausforderungen der Migrationspolitik sowie weiterer
Krisen wie des Klimawandels. Die FDP muss ihr eigenes programmatisches
Angebot und ihre Kommunikation selbstkritisch daraufhin überprüfen,
inwiefern diese zu diesen neuen Bedürfnissen und Herausforderungen passen.
- Das Ausscheiden der FDP aus dem Deutschen Bundestag folgte sowohl 2013 als
auch 2025 einer liberalen Beteiligung an der Bundesregierung. Die Freien
Demokraten müssen sich selbstkritisch mit der Frage auseinander setzen, mit
welchen Versprechungen und Erwartungen sie Teil von Regierungen werden,
durch welche eigenen Fehler von Fraktion und Partei und aus welchen Gründen
sie zum wiederholten Male daran gescheitert sind, mit der eigenen
Anhängerschaft über diese Versprechungen und Erwartungen sowie die
Komplexität des Regierungshandelns zu kommunizieren. Das gilt besonders in
Situationen, in denen das Regierungshandeln von exogenen Krisen oder
Schocks begleitet wird.
- Die Energie und die Gestaltungskraft der Ampel-Koalition waren spätestens
mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 zum
zweiten Nachtragshaushalt für das Jahr 2021 erschöpft. So nachvollziehbar
der Wunsch nach Stabilität und Verlässlichkeit angesichts der
geopolitischen Lage war und ist – es war für die Anhängerinnen und Anhänger
der Freien Demokraten nicht vermittelbar, dass die Ampel-Koalition ohne
eine grundlegende Neuordnung ihrer finanziellen und politischen Prioritäten
sowie ohne tiefgreifende Strukturreformen für unser Land immer weiter
regiert hat.
- Spätestens mit dem Beginn der zweiten Amtszeit von US-Präsident Donald
Trump am 20. Januar 2025 gibt es eine globale Tendenz in Richtung
autoritärer Herrschaft. Die liberale Demokratie, also die Verbindung aus
Demokratie, Rechtsstaat und Marktwirtschaft, steht weltweit unter großem
Druck. In diesem Kontext werden auch der Wert und die Verteidigung der
Freiheit hierzulande bedeutender werden. Die FDP muss als die liberale
Partei in Deutschland unmissverständlich auf der Seite der liberalen
Demokratie stehen und dem globalen Trend zum Abbau der liberalen Demokratie
deutlich entgegentreten.
- Die Einigung von CDU/CSU und SPD auf die Aufnahme zusätzlicher Schulden zur
Finanzierung von Verteidigungs- und Investitionsausgaben kommt bislang ohne
die nötigen strukturellen Reformen aus, etwa im Bereich der sozialen
Sicherungssysteme oder bei schnelleren Planungs- und Genehmigungsverfahren.
Strukturelle Schwächen der deutschen Politik wurden über viele Jahre hinweg
mit billigem Gas aus Russland ausgeglichen. Die Freien Demokraten müssen in
den kommenden Jahren thematisieren, dass die strukturellen Schwächen der
deutschen Politik nicht ohne strukturelle Reformen einfach mit Schulden
ausgeglichen werden können. Wenn diese Reformen nicht jetzt angegangen
werden, stehen nachfolgende Generationen vor der kaum lösbaren Aufgabe, die
Schulden von heute zurückbezahlen und unter diesen Bedingungen die
Strukturen reformieren müssen.
- Die FDP ist die Partei des ganzheitlichen Liberalismus. Sie vereint
Menschen aus dem ganzen Land, die sich für die Freiheit des Einzelnen
einsetzen wollen. Der Versuch, die FDP in Lagern oder Flügeln zu denken
oder gar zu organisieren, geht notwendigerweise mit einer Schwächung des
organisierten politischen Liberalismus insgesamt einher. Die FDP braucht
eine interne Diskussionskultur, die der Weiterentwicklung der Partei dient.
Dazu gehört es, unterschiedliche Meinungen und Prägungen auszuhalten und
als Stärke zu begreifen. Dazu gehört auch eine Offenheit für neue
programmatische Antworten auf die Zukunftsfragen unseres Landes. Aus diesem
Grund setzt sich die FDP Niedersachsen für ein neues Grundsatzprogramm der
FDP ein. Darüber hinaus braucht es ein breites personelles Angebot, das zu
den Kernthemen der FDP und zum angestrebten Kommunikationsstil passt.
- Während der Aufarbeitung des Wahlergebnisses muss die Arbeit der FDP
weitergehen. Die FDP in Niedersachsen muss sich in den kommenden Jahren auf
die Kommunalwahl 2026 sowie auf die Landtagswahl 2027 konzentrieren. Der
Landesvorstand wird beauftragt, ein umfassendes Unterstützungspaket für die
Untergliederungen zur Kommunalwahl 2026 vorzubereiten. Der Landesvorstand
wird beauftragt, sobald eine detaillierte Aufarbeitung des Wahlergebnisses
vorliegt, diese bei Veranstaltungen in der Breite des Landes mit den
Mitgliedern zu diskutieren und dabei die nötigen Schlussfolgerungen für den
Landtagswahlkampf 2027 zu ziehen. - Die Freien Demokraten Niedersachsen setzen sich aktiv dafür ein, dass der
Anteil der weiblichen Mitglieder und Mandatsträgerinnen steigt. Dabei setzt
sich insbesondere der Landesvorstand für den Abschluss neuer
Zielvereinbarungen ein und begleitet diese durch entsprechende Maßnahmen.
Der Landesvorstand unterstützt Netzwerk- und Mentoringprogramme für Frauen
im Landesverband und wirkt aktiv auf die Gewinnung von Kandidatinnen zur
Kommunal- und Landtagswahl hin, mit dem Ziel, dass insbesondere Frauen
prominent und in starker Anzahl auf den Wahllisten vertreten sind.
- Der Landesparteitag bekräftigt den Beschluss des 83. ordentlichen
Landesparteitags am 9./10. März 2024 in Celle „Fair nach innen –
geschlossen nach außen“, mit dem konkrete Maßgaben und Ziele für die
Personalentwicklung, für die Arbeit der Bezirksverbände sowie für
Diversität, Transparenz und Beteiligung beschlossen wurden.