German Dream - Für eine Gesellschaft, in der jeder alles werden kann!

Das Aufstiegsversprechen der sozialen Marktwirtschaft wird von vielen Menschen nur noch als leeres Versprechen empfunden. Der Bildungsbericht 2019 bestätigt diese Einschätzung. Wer auf die „falsche“ Schule geht, den „falschen“ Namen trägt oder die „falschen“ Eltern hat, der hat signifikant schlechtere Chancen einen Ausbildungsgrad zu erreichen, mit dem er später auf dem Arbeitsmarkt voll durchstarten kann. Die Bildungschancen in Deutschland sind so ungleich verteilt wie in kaum einem anderen OECD-Land. Dies unterminiert nicht nur das Aufstiegsversprechen, sondern schränkt letztlich die freie Entfaltung der Persönlichkeit ein. Für uns Freie Demokraten ist dieser Zustand nicht tragbar. Denn für Freie Demokraten kommt es nicht darauf an woher jemand kommt, sondern wohin er will. Deshalb wollen wir den German Dream erneuern und damit eine Gesellschaft schaffen, in der jeder alles werden kann.

Wir wollen damit anfangen aus den Brennpunktschulen von heute die Talentschmieden von morgen zu machen. Dazu sollen Schulen mit einem hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status ein German Dream Concept entwickeln, das individuelle Fördermaßnahmen beinhaltet, um Leistungsunterschiede abzubauen und jedem Kind eine faire Chance zu geben. Den Schulen ist hierbei ein breiter Spielraum zuzugestehen, um bestmöglich auf die Herausforderungen vor Ort reagieren zu können. Die Finanzierung erfolgt über zusätzliche Finanzmittel, die jede betroffene Schule in Relation zu der Anzahl an Schülerinnen und Schüler erhält und mit denen sie eigenverantwortlich wirtschaften können. Neben zusätzlichem Personal und Materialien können auch externe Partner finanziert und mit eingebunden werden. Jede teilhabende Schule benennt einen German-Dream-Beauftragten, die oder der für die Umsetzung und Weiterentwicklung des Konzepts zuständig ist. Nach vier Jahren muss eine umfassende Evaluation an den einzelnen Schulen über den Erfolg der ergriffenen Maßnahmen durchgeführt werden.

Weiter fordern wir:

  • In Kindertagesstätten müssen jährliche Sprachstandserhebungen stattfinden und darauf basierend Fördermaßnahmen für alle Kinder mit sprachlichen Defiziten durchgeführt werden. Der Zugang zu Kitas für Familien mit geringem Einkommen muss flächendeckend gegeben sein. Ein Jahr vor der Einschulung müssen auch Kinder, die keinen Kindergarten besuchen, an einer Sprachstandserhebung und im Fall von Defiziten an einer verpflichtenden Sprachförderung teilnehmen.
  • Das Erlernen sozialer und gesellschaftlicher Kompetenzen soll Schülerinnen und Schülern in Arbeitsgemeinschaften nach finnischem Vorbild ermöglicht werden, in denen Themen fächerübergreifend behandelt werden.
  • Gute Bildung braucht gute Lehrer und genügend gute Lehrer. Der Unterrichtsausfall an Niedersachsens Schulen begrenzt die Chancen der Schülerinnen und Schüler. Wir wollen eine Unterrichtsversorgung von mindestens 105 % um den flächendeckenden Unterrichtsausfall in Niedersachsen zu beenden. Wir fordern dafür eine deutliche und bedarfsorientierte Erhöhung der Lehramts-Studienplätze an den Niedersächsischen Hochschulen.
  • Ein kleineres Lehrer-Schüler-Verhältnis ermöglicht es, besser auf schulische sowie persönliche Herausforderungen der Schülerinnen und Schüler einzugehen. Deshalb soll im Schulgesetz eine Zielformulierung verankert werden, welche die Klassenstärke je nach lokalen Begebenheiten auf rund 20 Schülerinnen und Schüler festlegt. Die Reduzierung soll schrittweise erfolgen, um den kommunalen Schulträgern bei voller Kostenübernahme durch das Land infrastrukturelle Veränderungen zu ermöglichen, welche die steigenden Klassenzahlen abfedern können. Schulen mit vielen Schülerinnen und Schülern, die einen niedrigen sozioökonomischen Status haben, werden dabei priorisiert bedacht.
  • Rassismus macht auch vor Schulen nicht halt. Die Lehrerausbildung muss daher verstärkt interkulturelle Kompetenzen vermitteln und das Thema Rassismus im Unterricht umfassender behandelt werden. Insbesondere Vertrauenslehrerinnen und -lehrer sind für das Thema zu sensibilisieren und müssen für Schülerinnen und Schüler ansprechbar sein, die sich benachteiligt fühlen und bei der Klärung von diskriminierenden Vorfällen unterstützen.
  • Mithilfe von Gastrednerinnen und -rednern aus Gesellschaft und Wirtschaft, die über ihren eigenen Bildungsaufstieg sprechen, kann die Motivation der Schülerinnen und Schüler durch Aufzeigen positiver Beispiele gestärkt werden.
  • Nur wer weiß wie unsere demokratische Gesellschaft funktioniert und wie er oder sie sich einbringen kann, fühlt sich am Ende auch als Teil der Gesellschaft. Um die Integration aller Mitbürgerinnen und Mitbürger in unsere Gesellschaft sicherzustellen, stehen Schulen in der Verantwortung demokratische Mitbestimmung nicht nur zu lehren, sondern selbst zu ermöglichen und aktiv zu fördern. Deshalb fordern wir ein Update für den Politikunterricht in Niedersachsen. Neben den grundlegenden Werten und der Funktionsweise unseres gesamten politischen Systems gehört dazu vor allem selbst Politik zu machen. D.h. die Schülerinnen und Schüler sollen Gespräche mit verschiedenen Interessenverbänden (Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Bürgerrechtsorganisationen, Umweltverbände etc.) führen, lernen diese kritisch zu reflektieren und eigene Lösungen unter angemessener Berücksichtigung der unterschiedlichen Ansichten ausarbeiten. Daneben sollen Planspiele Teil des Politikunterrichts werden. Der Beutelsbacher Konsens muss dabei stets gewahrt bleiben.
  • An allen Schulen in Niedersachsen müssen Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter sowie Schulpsychologinnen und -psychologen in ausreichender Zahl vorhanden sein. Das Land muss entsprechende Mindeststandards definieren und die notwendigen Mittel bereitstellen.
  • Die Freien Demokraten setzen sich für die Etablierung von Sommerschulen In diesen Sommerschulen werden den Schülerinnen und Schülern Intensivkursen mit dem Lernstoff des vorangegangenen Schuljahres angeboten. Ziel ist es, den Schülerinnen und Schülern fehlende Grundlagen zu vermitteln und den Rückstand in den einzelnen Fächern aufzuholen. Durch die bewerteten Intensivkurse können die Schülerinnen und Schüler die Endjahresnoten verbessern und einer Nichtversetzung entgehen. Die Teilnahme an den Kursen ist freiwillig. Auch Schülerinnen und Schüler, die ihre Kenntnisse vertiefen wollen, sollen mittelfristig Angebote gemacht werden. Die Sommerschule findet in den Sommerferien statt. Lehrkräfte, die im Rahmen der Sommerschule unterrichten, erhalten im darauffolgenden Schuljahr eine adäquate Entlastung für die geleistete Mehrarbeit.
  • Nur wer genügend Energie hat kann aufmerksam am Unterricht teilnehmen. Die Verpflegung in Kindertageseinrichtungen und Schulen hat daneben eine Vorbildfunktion für gesunde Ernährung, der zu oft nicht genügt wird. Wir fordern deshalb altersgerechte Angebote und verbindliche Qualitätsstandards, die sich an den Vorschlägen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung orientieren. Das Mittagessen soll für alle Kinder unentgeltlich sein und unabhängig von der Teilnahme an der Ganztagsbetreuung angeboten werden. Ebenso soll an allen Kindertageseinrichtungen und Schulen ein Frühstücksangebot unterbreitet werden. Kostenbeiträge der Eltern werden nicht erhoben. Die Mehraufwendungen sind vollständig durch das Land Niedersachsen zu tragen. 
  • Wir wollen einen Ausbau von Wohnheimplätzen samt guter ÖPNV-Anbindung, sowohl für Auszubildende, als auch Studierende in Gebieten mit niedrigem Leerstand, um keinen Jugendlichen durch die oftmals schwierige Suche nach einer Unterbringung von der Annahme einer Ausbildungsstelle oder eines Studienplatzes abzuhalten. Hierzu böte sich unter anderem der Umbau von ehemaligen Kasernen und anderen stillgelegten Objekten zu Wohneinrichtungen an.
  • Wir wollen die Gebühren für vollzeitschulische Berufsausbildungen, zum Beispiel im Erziehungswesen, abschaffen, indem wir Auszubildenden Bildungsgutscheine zur Verfügung stellen, welche die Schulen zur Deckung ihrer Kosten beim Land einlösen.
  • Auszubildende, die aus finanziell schwierigen Verhältnissen kommen, brauchen eine gesicherte finanzielle Grundlage. Deshalb müssen das Schüler-BAföG und die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) an steigende Lebenshaltungskosten angepasst werden. Die BAB muss unabhängig vom Einkommen der Eltern sein.
  • Der Zugang zur Universität darf nicht am Geldbeutel scheitern. Der Kostendruck und ein langes Studium ohne kurzfristig ein geregeltes Einkommen vorweisen zu können, sind nach wie vor Hemmnisse, die junge Menschen aus nicht-akademischen Elternhäusern vom Studium abhalten. Daher fordern wir ein elternunabhängiges BAföG und eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer um ein zusätzliches Semester zur Regelstudienzeit. Für Studierende, die Angehörige pflegen, fordern wir eine Härtefallregelung, die eine zusätzliche Verlängerung ermöglicht. Der erstmalige Fachrichtungswechsel oder die erstmalige Schwerpunktverlagerung vor dem vierten Fachsemester dürfen sich nicht negativ auf die Förderungshöchstdauer des BAföG-Bezugs für den neuen Studiengang auswirken. Die Höhe des BAföG muss an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst werden. 
  • Erwerbsarbeit neben dem Studium wollen wir erleichtern, indem wir die BAföG-Anrechnungsgrenze und die Verdienstgrenze für Minijobs auf 650 Euro im Monat bzw. 7.800 Euro im Jahr anheben. Da Minijobs weder von der allgemeinen Lohnentwicklung noch von einer Mindestlohnerhöhung profitieren, muss die Grenze künftig automatisch an die Mindestlohnentwicklung angepasst werden. Steigt der Mindestlohn, muss auch die Verdienstgrenze für Minijobs automatisch steigen.
  • Arbeitslosengeld II beziehen. Ihr selbstständig verdientes Einkommen darf nicht der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet werden, das heißt nicht zu Kürzungen der Sozialleistungsansprüche der Eltern führen. Jugendliche, die im Heim oder bei Pflegeeltern aufwachsen, dürfen nicht zur Finanzierung derselben herangezogen werden. Die Unterbringung im Heim oder bei der Pflegefamilie muss über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus möglich sein, wenn die oder der Jugendliche dies wünscht und noch eine Schule besucht oder noch keinen Ausbildungs- oder Studienplatz gefunden hat. Schließlich sind die Beratungs- und Unterstützungsangebote für Careleaver, auch über die Berufsorientierung hinaus, zum Beispiel bei der Wohnungssuche oder der Beantragung von BAföG, deutlich auszubauen. Eine Inanspruchnahme dieser Angebote muss auch nach Verlassen des Heims möglich sein.
  • Der Bildungsweg eines Menschen endet und entscheidet sich nicht mit Schul-, Ausbildungs- oder Universitätsabschluss. Deshalb wollen wir das Jobcenter zum Karrierecenter Dort soll es nicht mehr nur um die kurzfristige Beschaffung einer Beschäftigung gehen, sondern um langfristige Karriereplanung. Die Karrierecenter sollen jeden dabei unterstützen seinen Traumberuf zu bekommen, indem sie eine realistische Perspektive aufzeigen und geeignete Fort- und Weiterbildungen anbieten oder vermitteln.
  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Drittstaaten dürfen auf dem Arbeitsmarkt nicht länger diskriminiert werden. Daher wollen wir die Vorrangprüfung abschaffen. Asylbewerberinnen und Asylbewerbern soll es ab Stellung des Asylantrags gestattet sein einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Wer in Ausbildung oder erwerbstätig ist, hat Anspruch auf einen Aufenthaltstitel.
  • Menschen, deren Name einen Migrationshintergrund vermuten lässt, haben schlechtere Chancen überhaupt zum Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden. Neben offenem Rassismus spielen dabei auch unterbewusste Vorurteile eine Rolle. Anonyme Bewerbungen, bei denen keine Angaben zu Alter, Aussehen, Geburtsort, Geschlecht, Namen und Staatsangehörigkeit gemacht werden, können einen Beitrag zur Chancengerechtigkeit leisten.