Niedersächsisches Polizeigesetz

Der Landesvorstand hat beschlossen:

Die Freien Demokraten anerkennen, dass es sinnvolle Änderungen im Polizeigesetz geben soll wie zum Beispiel die rechtlichen Klarstellungen zur Bodycam und zur Wegweisung bei häuslichere Gewalt, jedoch halten wir den Gesetzentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Polizeigesetzes für in weiten Teilen unverhältnismäßig, verfassungswidrig und zudem handwerklich schlecht gemacht. In vielen Bereichen weitet er die Befugnisse und Eingriffsmöglichkeiten der Polizeibehörden zu weit aus. Zwar soll die Novelle eigentlich nur der Bekämpfung des Terrorismus dienen, sie sieht jedoch zahlreiche neue Maßnahmen auch in ganz anderen Bereichen der allgemeinen Gefahrenabwehr vor.

Insgesamt werden mit diesem Gesetz die Freiheitsrechte der Bürger in unnötigem Maße beschränkt.

Dies sind insbesondere:

Präventivhaft

Nach dem Gesetzentwurf soll die Präventivhaft zur Verhütung terroristischer Straftaten auf bis zu 30 Tage erweitert und auf bis zu 74 Tage verlängerbar sein. Diese Grenze ist absolut willkürlich gewählt und ihr liegen keine sachlichen Argumente zugrunde. Trotz des im Gesetzentwurf vorgesehen Richtervorbehalts lehnen wir diese Regelung deshalb ab. Eine über 14 Tage hinausgehende Präventivhaft ist unverhältnismäßig.

Quellen-TKÜ

Zur Telekommunikationsüberwachung jenseits des klassischen Telefonats soll zukünftig die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung dienen, mit der auch Chats und andere digitale Kommunikationsformen observiert werden können. Dieses Instrument soll allerdings bereits erheblich einfacher eingesetzt werden können. Dies halten wir für zu weitreichend. Außerdem ist es nur möglich, solche Maßnahmen durchzuführen, wenn der Staat sich durch Trojaner-Software Zugang zu den Kommunikationsgeräten des Überwachten verschafft. Der Umfang, in dem die Trojaner-Software genutzt wird, ist kaum zu überwachen und die Eingrenzung auf die richterlich genehmigten Maßnahmen sehr schwierig.

Online-Durchsuchung

Der Gesetzentwurf sieht ebenfalls die sog. Online-Durchsuchung mittels eines Trojaners zur Gefahrenabwehr vor – auch dies nicht beschränkt auf terroristische Bedrohungen. Die Maßnahme der Online-Durchsuchung erfasst naturgemäß zunächst sämtliche Daten des informationstechnischen Systems und damit auch höchstpersönliche und somit sehr private Daten des Betroffenen. Dieser verdeckte Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geht uns Freien Demokraten im Bereich der Gefahrenabwehr, insbesondere wenn sie nicht auf terroristische Straftaten beschränkt ist, entschieden zu weit. Wir lehnen sie daher in Gänze ab.

Im Hinblick auf die Quellen-TKÜ, die Online-Durchsuchung und den Einsatz sogenannter Staatstrojaner entsteht zudem ein Zielkonflikt bei den Sicherheitsbehörden: Einerseits unternimmt der Staat erhebliche Anstrengungen, um die behördliche IT-Landschaft vor Cyberangriffen zu schützen. Andererseits müsste er aber Sicherheitslücken bewusst offenhalten, um Staatstrojaner unbemerkt einsetzen zu können. Schon dieses widersprüchliche Verhalten spricht gegen den Einsatz dieser Software solange dieses Problem nicht behoben ist.

Starker Rechtstaat

Die Freien Demokraten in Niedersachsen setzen sich für einen starken Rechtsstaat ein. Hierfür bedarf es einer besseren sächlichen und personellen Ausstattung der Polizei sowie der technischen Aus- und Fortbildung der Gerichte, sodass der Richtervorbehalt wirksam ausgeübt werden kann. Bevor Freiheitsrechte der Bürger weiter zurückgedrängt werden, sollte zunächst diese Ausstattung verbessert und die bestehenden Gesetze ausgenutzt werden.

Sollte die Große Koalition in Niedersachsen keine grundlegenden Änderungen am Entwurf des Polizeigesetzes vornehmen, werden wir Freien Demokraten das neue Polizeigesetz verfassungsgerichtlich überprüfen lassen.