Unser liberales Aufstiegsversprechen: Uns wird es morgen besser gehen als heute

Der Landesparteitag hat beschlossen:

Die nächste Generation wird eine Generation des gesellschaftlichen und
individuellen Aufstiegs sein. Sie wird eine Geschichte des sozialen und
wirtschaftlichen Aufstiegs schreiben – eine Geschichte, die von den Erfahrungen
und Herausforderungen geprägt ist, die einst unsere Großeltern und Eltern
meisterten. Sie wird die zahlreichen globalen Großkrisen und Wendepunkte des
frühen 21. Jahrhunderts nicht nur bewältigen, sondern gestärkt aus ihnen
hervorgehen und die Welt nachhaltig zu einem besseren Ort machen. Dieser
Optimismus für die Zukunft ist das Wesen liberalen Denkens. Es ist unser
liberales Aufstiegsversprechen.

Die Freien Demokraten Niedersachsen nehmen wahr, dass das Vertrauen der Menschen
in Niedersachsen in den wirtschaftlichen Aufstieg zunehmend schwindet. Immer
mehr Menschen verlieren die Zuversicht in eine positive Zukunft.[2] Besonders
sozial schwächere Milieus befürchten eher eine Verschlechterung ihrer
Lebenssituation.[3] Anstelle von Vertrauen in die gesellschaftliche Entwicklung
wächst der Wunsch, sich ins private Umfeld zurückzuziehen, das als
Stabilitätsanker dient, während das Vertrauen in die öffentliche Sphäre
zunehmend schwindet und deren Bedeutung schwindet.[4] Diese Entwicklung hat
tiefgreifende Auswirkungen auf die liberale Demokratie, da Vertrauen in
politische schwindet und demokratische Prozesse immer stärker an ihrer Leistung
gemessen werden.[5]

Trotz der wachsenden Vertrauenskrise in die Zukunft ist für uns eines klar: Wir
bleiben optimistisch. Nicht trotz, sondern gerade wegen des um sich greifenden
Pessimismus setzen wir ein Zeichen der Zuversicht. Wir stehen für ein liberales
Aufstiegsversprechen – als Antwort auf die Ängste vor wirtschaftlichem Abstieg,
Systemverlust und den Herausforderungen des Klimawandels.[6]

Die Freien Demokraten Niedersachsen fordern daher:

  •  Das Altersteilzeitgesetz in den Ruhestand schicken
  •  Das Altersteilzeitgesetz (AltersTZG), das 1996 eingeführt wurde, sollte in
     Zeiten hoher Arbeitslosigkeit das Ziel verfolgen, jüngeren Menschen
     Arbeitsplätze älterer Arbeitnehmer zu überlassen. Heute jedoch gibt es
     einen Fachkräftemangel, und trotzdem wird das Gesetz weiterhin großflächig
     für "sozialverträgliche Vorruhestandsprogramme" genutzt. Im Jahr 2022
     befanden sich etwa 300.000 Menschen in Altersteilzeit – 25% mehr als 2017.
     Hunderttausende Fachkräfte werden vorzeitig vom Arbeitsmarkt entfernt,
     obwohl ihre Expertise dringend benötigt wird. Wir fordern daher eine
     Abschaffung des AltersTZG in seiner derzeitigen Form. Von dieser Forderung
     ausdrücklich ausgenommen sind etwaige Regelungen zur Flexi-Rente.
  •  Flexibilisierung der Arbeitszeiten in Berufsfeldern mit hohem Remote-Anteil
     In Berufsfeldern wie der IT-Branche arbeiten viele Menschen bereits in
     flexiblen Arbeitsmodellen. Wir fordern die Einführung eines liberalisierten
     Arbeitszeitgesetzes für Branchen mit hohem Remote-Anteil. Insbesondere soll
     die Tageshöchstarbeitszeit von 10 Stunden, die Werkstagsregelung und die
     Pflicht zu Sonderzulagen für Nachtschicht- und Wochenendarbeit abgeschafft
     werden. Das Modell aus Griechenland – wo Arbeitnehmer seit dem 1. Juli 2024
     freiwillig sechs Tage die Woche arbeiten können [7] – könnte auch in
     Deutschland geprüft werden, um mehr Wahlfreiheit und finanzielle Anreize zu
     schaffen. Zudem fordern wir die Einführung einer Projektsarbeitszeit, bei
     der nach Abschluss eines Projekts die Wahl besteht, den Überstunden-
     Ausgleich als Freizeit oder in ein Lebensarbeitszeitkonto einzuzahlen.
  •  Reform des WissZeitVG
     Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler brauchen eine klare
     Zukunftsperspektive, um die internationale Attraktivität und
     Wettbewerbsfähigkeit des Forschung- und Wissenschaftsstandortes Deutschland
     zu gewährleisten. Das aktuelle Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG)
     wird diesem Ziel allerdings nicht gerecht. Es braucht eine Reform der
     Forschungsfinanzierung, die durch eine Erhöhung der Grundfinanzierung von
     Forschungseinrichtungen und Hochschulen mehr unbefristete Stellen schafft.
     Zudem muss die Drittmittelvergabe nach US-amerikanischem Vorbild reformiert
     werden und das Tenure-Track-System durch mehr entsprechende Stellen
     ausgebaut werden. Eine Verkürzung der aktuell bestehenden
     Qualifizierungsbefristungshöchstdauer für Post-Docs von aktuell sechs
     Jahren lehnen wir hingegen entschieden ab, da so der Druck auf junge
     Forschende innerhalb der Qualifizierungsphase enorm erhöht und die
     Abwanderung akademischer Talente ins Ausland befördert wird.
  •  Bessere Mitarbeiterbeteiligungen
     Wir fordern eine spürbare Anhebung des jährlichen Steuerfreibetrags für
     Mitarbeiterbeteiligungen gemäß § 3 Nr. 39 Satz 1 EStG. Zusätzlich fordern
     wir eine bundeseinheitliche Regelung für die Besteuerung von "Dry Income"
     aller Beteiligungsformen sowie eine einheitliche Besteuerung nach der
     Kapitalertragsteuer. Im Rahmen der Gründerkulturförderung soll zudem eine
     zehnjährige Steuerfreiheit für "trockenes" Einkommen aus
     Mitarbeiterbeteiligungen eingeführt werden.
  •  Erwerbsbeteiligung von Frauen stärken
     Ein enormes Potenzial zur Bekämpfung des Fachkräftemangels liegt in der
     Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen. Um dem entgegenzuwirken,
     müssen strukturelle Hürden abgebaut werden, die Frauen von einer
     vollzeitnahen Beschäftigung abhalten. Dazu gehört insbesondere der
     flächendeckende Ausbau hochwertiger Kinderbetreuungsangebote, steuerliche
     Anreize für eine gleichberechtigte Erwerbstätigkeit beider Partner sowie
     eine stärkere Flexibilisierung von Arbeitszeitmodellen. Ziel ist es, mehr
     Frauen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern und so das
     gesamtwirtschaftliche Arbeitskräftepotenzial zu heben.[8]
  •  Erfolg belohnen
     Ein steuerfreier Erfolgsbonus von bis zu 5.000 Euro jährlich würde sowohl
     Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer motivieren, sich für den Erfolg des
     Unternehmens einzusetzen. Diese Maßnahme würde nicht nur die
     Leistungskultur stärken, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der
     Unternehmen erhöhen, indem sie einen weiteren Anreiz für individuelle und
     unternehmerische Erfolge schafft.
  •  Schnellere und einfachere Gründungen
     Heutige Gründungen sind der Mittelstand von morgen. Wir brauchen deshalb
     endlich eine Kultur in Deutschland, die Gründerinnen und Gründern nicht
     ausbremst, sondern ihnen ganz im Gegenteil bestmögliche Wettbewerbs- und
     Innovationsbedingungen bietet. Dazu müssen Gründungen künftig digital und
     innerhalb eines Tages über einen “One-Stop-Shop” möglich sein, mit dem alle
     bisher einzelnen bürokratischen Start-Up-Angelegenheiten gebündelt und
     digital durchführbar gemacht werden.

Chancengerechtigkeit durch Sprachstandserhebungen: In Kindertagesstätten sollen
jährliche Sprachstandserhebungen stattfinden. Darauf basierend werden
Fördermaßnahmen für alle Kinder mit sprachlichen Defiziten durchgeführt. Der
Zugang zu Kitas für Familien mit geringem Einkommen muss flächendeckend gegeben
sein. Im Alter von drei und fünf Jahren müssen auch Kinder, die keinen
Kindergarten besuchen, an einer Sprachstandserhebung teilnehmen und im Falle von
Defiziten an einer verpflichtenden Sprachförderung teilnehmen.

Referenzen

Chancengerechtigkeit durch Nachteilsausgleich: Lernschwächen dürfen kein
Hindernis für gute Bildungschancen sein. Die bisherigen Regelungen im
entsprechenden Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums sind jedoch
häufig zu inkonsistent und unfair. Deshalb braucht es darüber hinausgehend klare
gesetzliche Vorgaben zum sogenannten Nachteilsausgleich inklusive einheitlicher
Standards. Dazu soll zur schulübergreifenden Vergleichbarkeit künftig ein
einheitlicher Kriterienkatalog für die Gewährung eines Nachteilsausgleichs an
allen niedersächsischen Schulen gelten. Wir wollen Lehrkräfte außerdem für
Legasthenie sensibilisieren und Schulen für den Einsatz in allen relevanten
Fächern adäquat mit technischen Hilfsmitteln ausrüsten. Besteht diese
Möglichkeit nicht und kann kein vergleichbarer Nachteilsausgleich gewährt
werden, muss auf Bewertung der sprachlichen Richtigkeit verzichtet werden.

Referenzen

Mehr Wahlfreiheit durch schulübergreifende “digitale Interessen-Klassen”: Wir
wollen die Interessenfindung der Schülerinnen und Schüler in der Schulzeit
stärken. Hierfür streben wir mehr Wahlmöglichkeiten bei den Schulfächern an,
soweit möglich auch schon in niedrigeren Klassenstufen. Als zentrale Säule soll
hierfür Im Rahmen einer gemeinsamen Bund-Länder-Vereinbarung eine “digitale
Interessen-Schule” geschaffen werden, in dem bundesweit Schulen sog. “digitale
Interessen-Klassen” mit bestimmten Fächern bzw. Fachvertiefungen einrichten
können, die von Schülerinnen und Schülern anderer Schulen als reguläre
schulische Leistung besucht werden können. Beispielsweise kann so eine Schülerin
aus einer niedersächsischen Gemeinde am Italienisch-Unterricht einer bayerischen
Schule teilnehmen. Gerade der ländliche Raum kann hierdurch profitieren, fehlt
es dort doch häufig an Personal und Kapazitäten für entsprechende, spezifische
Angebote.

Referenzen

Mental Health stärken: Mentale Gesundheit ist eine vitale Grundvoraussetzung, um
Aufstiegschancen überhaupt wahrnehmbar zu machen. Wir setzen uns daher für eine
Reform des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ein, sowohl hinsichtlich einer
stärkeren Stimme von Patientinnen und Patienten als auch mit Blick auf eine
veränderte Bedarfsplanung, welche die hohe Dunkelziffer an Menschen mit
psychischen Erkrankungen berücksichtigt. Die Begrenzung der Kassensitze für
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten wollen wir abschaffen. Zudem muss als
Sofortmaßnahme das Kostenerstattungsverfahren dahingehend vereinfacht werden,
dass psychotherapeutische Leistungen auch bei Therapeutinnen und Therapeuten
ohne Kassenzulassung einfacher in Anspruch genommen werden können, indem eine
Bescheinigung durch eine Therapeutin oder einen Therapeuten im Zuge des
Erstgesprächs vorgelegt wird.

 Referenzen

 Gründungssemester und Gründungsstipendium: Um die Gründung eines Start-Ups neben
 dem Studium zu vereinfachen, sollen Studierende künftig bis zu zwei
 Gründungssemester nehmen können, in denen sie vorrangig an ihrem Unternehmen
 arbeiten können. Diese werden nicht auf die Regelstudienzeit und die BAföG-
 Bezugsdauer angerechnet. Damit Gründerinnen und Gründer ihren Lebensunterhalt
 bestreiten können, muss die Gründungsphase sozialrechtlich als Erwerbstätigkeit
 gelten, sodass Sozialleistungen nicht aufgrund abgelehnter Jobangebote gekürzt
 werden dürfen. Zudem soll ein Gründungsstipendium nach dem Vorbild Nordrhein-
 Westfalens eingeführt werden.

Referenzen

  1.  Im Folgenden wird mit Fußnoten gearbeitet, um die Grundlage liberaler
     Politik – die Gestaltung auf Basis von Fakten und Tatsachen – zu
     verdeutlichen und sich gegen populistische Narrative zu stellen. Die
     Analyse relevanter Studien und die präzise Erfassung der Stimmungslage im
     Land sollen für Transparenz und Nachvollziehbarkeit sorgen.
  2.  Institut für Demoskopie Allensbach, Generation Mitte 2024: voller
     Selbstvertrauen in unsicheren Zeiten, 2024, S. 6 f.
  3.  Institut für Demoskopie Allensbach, Generation Mitte 2024: voller
     Selbstvertrauen in unsicheren Zeiten, 2024, S. 3.
  4.  Rheingold-Marktforschung, Deutschland auf der Flucht vor der Wirklichkeit,
     27.7.2023; mit dem gleichen Befund auch More in Common/KANTAR Public,
     Zukunft, Demokratie, Miteinander: Was die deutsche Gesellschaft nach einem
     Jahr Preiskrise umtreibt, 2023, S. 34.
  5.  Rheingold-Marktforschung, Deutschland auf der Flucht vor der Wirklichkeit,
     27.7.2023.
  6.  Im Wesentlichen nach Rheingold-Marktforschung, Deutschland auf der Flucht
     vor der Wirklichkeit, 27.7.2023.
  7.  Bericht in der Wirtschaftswoche vom 25.06.2024, Schröter: Wie Griechenland
     mit einer 6-Tage-Woche den Fachkräftemangel bekämpft
    .
  8.  Im Wesentlichen nach dem Gutachten des RWI für die Friedrich – Naumann-
     Stiftung, zusammenfassend Dr. Assmann und Lenz in: Strukturreform statt
     Schuldenwirtschaft – was die Aktivierung zusätzlicher Arbeitskraft bringen
     kann
    .