Imke Haake: Neue Aufstiegschancen durch bildungspolitisches Sofortprogramm
Viel zu lange schon sind Kinder von dem sozioökonomischen Hintergrund ihrer Familie abhängig. Durch 7 Sofortmaßnahmen soll jedes Kind in Niedersachsen wieder gerechte Startchancen für den gesamten Lebensweg erhalten.

Nach Jahren rot-schwarzer und rot-grüner Regierungen ist die Bildungssituation in Niedersachsen auf einem unbefriedigenden Niveau. Die Bildungseinrichtungen – hier vor allem die Schulen – können wegen der schlechten Rahmenbedingungen ihren Auftrag nicht mehr hinreichend erfüllen. So stoßen viele motivierte und qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher, weitere pädagogische Fachkräfte sowie Lehrerinnen und Lehrer an ihre Belastungsgrenze. Das geht zu Lasten der Kinder, den Familien und ihren Beteiligten.
Die Fakten sprechen für sich: Jede Woche fallen in Niedersachsen ca. 36.000 Unterrichtsstunden aus. Allein im Schuljahr 23/24 fehlen mindestens 500 Lehrkräfte. Darüber hinaus sind die Rahmenbedingungen des Erzieherberufs unattraktiv und müssen deshalb verbessert werden, damit dem Fachkräftemangel wirksam begegnet werden kann. Außerdem lähmt die Bürokratie Innovationen und verhindert sachgerechte Lösungen, die direkt vor Ort in den Einrichtungen entwickelt werden könnten.
Daher muss das gesamte niedersächsische Bildungssystem modernisiert werden. Wir Freie Demokraten wollen das Aufstiegsversprechen erneuern und wieder mit Leben füllen. Besonders Kinder dürfen nicht länger in Bildung, Aufstieg und ihrem gesamten weiteren Lebensweg vom sozioökonomischen Hintergrund ihrer Familien abhängig sein. Deshalb muss jeder Mensch und jedes Kind in Niedersachsen endlich wieder gerechte Startchancen bekommen.
Weil die Herausforderungen so groß und aktueller denn je sind, müssen sie kurz- und mittelfristig gelöst werden. Mit unseren 7 Sofortmaßnahmen wollen wir Bildung wieder zu einem echten Baustein für ein selbstbestimmtes Leben machen.
Wir setzen uns dafür ein, dass die Schulgebühren in der Erzieherausbildung in freier Trägerschaft gestrichen werden. An den öffentlichen Fachschulen für Sozialpädagogik ist das erfreulicherweise bereits passiert. Jetzt muss die Gebührenfreiheit an den Schulen in freier Trägerschaft folgen. Perspektivisch muss allen Auszubildenden im Erzieherberuf ein Ausbildungsgehalt gezahlt werden. Die Kosten könnten durch das Kita-Qualitätsgesetz des Bundes refinanziert werden. Das ist bereits gesetzlich geregelt. Zudem müssen die Freiheitsgrade der Schulen erhöht und den kreativen Lösungsideen von Schulleitungen und Lehrkräften mehr Raum gegeben werden. Dafür muss jede Schule ein Chancenbudget erhalten, welches zum Beispiel für innovative Lehrmethoden oder zusätzliches Personal frei verwendet werden kann. Damit stärken wir die Schulautonomie und sorgen auch für mehr bedarfsgerechte Lösungen vor Ort.
Auch der Ausbau von Schulsozialarbeit und der Abbau von Bürokratie spielen für uns eine entscheidende Rolle. Denn der vermehrte Einsatz von multiprofessionellen Teams alleine reicht nicht. Wir benötigen auch einen erhöhten Einsatz von Schulsozialarbeit für die individuelle Förderung der Kinder und Jugendlichen, insbesondere in sozialen Brennpunkten. Die Koalition im Landeswohlfahrtsverband Hessen, an der wir als FDP beteiligt sind, hat jüngst in ihrer Verbandsversammlung einen Antrag zu genau dem Thema beschlossen. Wir sollten in Niedersachsen diesem guten Beispiel folgen. Darüber hinaus müssen die Schulleitungen aller Schulformen je nach Größe der Schulen dringend durch zusätzliche Verwaltungskräfte entlastet werden. Gleichzeitig muss die Bürokratie in Schulen abgebaut werden.
Für uns gehören Bildung und Inklusion unbedingt zusammen. Aktuell gibt es aber an vielen Schulen viel zu wenig Personal für die inklusive Beschulung. Daher muss das Land dringend die vorhandenen multiprofessionellen Teams unterstützen und ausbauen. Wir Freie Demokraten fordern deshalb schon lange den Erhalt der Förderschulen LERNEN als Teil eines inklusiven Bildungssystems in Niedersachsen. Dazu haben wir bereits im letzten Jahr ein Volksbegehren initiiert. Die Förderschulen LERNEN müssen im Sinne der Wahlfreiheit der Eltern und Kinder erhalten bleiben. Darüber hinaus müssen auch Neugründungen ermöglicht werden, sofern sie lokal nachgefragt werden. Grundsätzlich muss die inklusive Pädagogik stärker in den Ausbildungsinhalten verankert werden.
Als weitere Sofortmaßnahme fordern wir, dass die Berufsorientierung gestärkt wird anstatt sie zu kürzen. Denn aktuell erhalten die Schulen wöchentlich nur eine Stunde für berufsorientierende Maßnahmen. Diese Stunden sind ein wichtiger Beitrag für den Übergang von Schule zum Beruf. Deshalb ist die zum kommenden Schuljahr umgesetzte Kürzung von der rot-grünen Landesregierung zurückzunehmen. Stattdessen muss eine Verdopplung auf zwei Stunden angestrebt werden, damit die berufliche Orientierung weiter gestärkt wird. Das darf jedoch nicht zu Lasten der Unterrichtsstunden gehen. Wir sind überzeugt, dass mit einer vermehrten Berufsorientierung dem Fachkräftemangel gezielter entgegnet werden könnte.
Gute Bildung funktioniert nur mit einer Ausbildung des Personals, die auf der Höhe der Zeit ist. Wir Freie Demokraten fordern deshalb die Studienordnungen für das Lehramtsstudium sowie die Verordnung über die Ausbildung und Prüfung von Lehrkräften im Vorbereitungsdienst in Niedersachsen zu modernisieren. Sie müssen um digitale Kompetenzen und KI ergänzt sowie durch einen erhöhten Praxisanteil gestärkt werden. Um mehr Menschen aus anderen Studiengängen die Möglichkeiten in Richtung eins Lehramtsstudiums zu vereinfachen, wollen wir den Quereinstieg im Studium einfacher gestalten. Darüber hinaus muss die Auswertung der Masterarbeiten beschleunigt werden, um einen zügigeren Übergang der Absolventinnen und Absolventen in das daran anschließende Referendariat zu ermöglichen. So wollen wir vermeiden, dass Studierende über lange Zeit keine Rückmeldung erhalten oder sogar ihren Ergebnissen hinterherrennen müssen. Auch unsere Grundschulen und weiterführende Schulen müssen den Bereich Medienkompetenz und digitale Ethik sowie die Folgen der KI stärker abbilden. Um das zu ermöglichen benötigen wir Digitalassistenten. Die Universitäten müssen prüfen, ob die Teilnehmerzahl an den jeweiligen Seminaren erhöht werden kann. Wir fordern, dass das Land generell mehr Studienplätze für das Lehramt zur Verfügung stellt und den Lehrberuf an sich attraktiver gestaltet.
Ein maßgeblicher und überfälliger Schritt dafür war A13 für alle Lehrkräfte einzuführen. Denn Funktionsstellen und Schulleitungsstellen müssen entsprechend honoriert werden. Dort wo akuter Lehrkräftemangel herrscht, muss er konsequent mit zeitnahen Ausschreibungen bekämpft werden. Das damit verbundene Ziel muss sein, dass Schulen vier Wochen vor Sommerferienstart die Personalplanung zufriedenstellend abschließen können. Um besonders eine Abwanderung von in Niedersachsen fertig ausgebildeten Lehrkräften in andere Länder zu vermeiden, muss das Land mehr Planstellen ausschreiben. Dadurch wird die Unterrichtsversorgung nachhaltig erhöht.
Ab dem Jahr 2026 gibt es einen gesetzlich verankerten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Seit zwei Jahren sind die Länder schon aufgefordert, entsprechende Vorbereitungen zu treffen, um den Kommunen Planungssicherheit zu geben. In Niedersachsen ist das bis heute nicht passiert. Selbst der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund mahnt die schleppende Umsetzung des Ganztagsanspruchs an. Deshalb muss die Landesregierung endlich einen Fahrplan erstellen, wie der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz ab 2026 realisiert werden soll. Andernfalls riskiert die rot-grüne Landesregierung den verbrieften Rechtsanspruch auf Kosten der Eltern und ihrer Kinder. Es ist viel zu tun. Aber besonders nach der Corona-Pandemie haben es die Familien und besonders ihre Kinder verdient, dass das Land seinem Bildungsauftrag entsprechend nachkommt.